Ein Jahr nach dem „Stadtrat-JA“ fürs Erfi – Noch immer kein Vertrag

Bericht der Freien Presse vom 08.02.2018

Erfenschlag. Die Euphorie bei den Fans des vor Jahren geschlossenen Sommerbades Erfenschlag war schnell verflogen, nachdem der Stadtrat auf den Tag genau heute vor einem Jahr mit deutlicher Mehrheit seinen Beschluss gefasst hatte: Das Bad wird an den Verein „Bürger für Erfenschlag“ verkauft, die Stadt unterstützt die Wiederinbetriebnahme mit 300.000Euro (die ursprünglich für den Abriss der Freibadanlagen vorgesehen waren), der Verein legt ein schlüssiges Betreiberkonzept vor und kümmert sich um Spenden. Bis Ende Juni 2017 sollte alles in Sack und Tüten sein.

Tatsächlich ist der Beschluss bis heute nicht umgesetzt…Und das, obwohl sich Stadträte mehrerer Fraktionen bereits im Herbst vergangenen Jahres mit deutlichen Worten an die Rathausspitze gewandt hatten. „Skandalös“, „Die führen uns an der Nase herum“, „Die machen einfach, was sie wollen“, hieß es damals. Auch der Verein beklagte, dass man der Wiederinbetriebnahme trotz des Votums der Räte nicht näher gekommen sei. Stattdessen täten sich immer wieder neue Probleme auf.

Mehrere Vertreter der Stadtverwaltung hatten allerdings bereits vor der entscheidenden Abstimmung im Stadtrat davor gewarnt, dass das Vorhaben Probleme bereiten könnte. An dieser Auffassung hält das Rathaus offenbar bis heute fest. „Beispielsweise ist der Verkauf der Liegenschaft zu den im Beschluss genannten Bedingungen einschließlich der wasserrecht- lichen Genehmigung nicht umsetzbar“, heißt es auf Anfrage der „Freien Presse“. Unter anderem, weil in einem solchen zivilrechtlichen Kaufvertrag keine öffentlich-recht- lichen Genehmigungen vereinbart werden dürften. Darüber hinaus fehlten Zuarbeiten des Vereins und damit die Grundlage für Vertragsverhandlungen. „Ein schlüssiges Finanzierungs- und Betriebskonzept liegt trotz verschiedener Hinweise an den Verein nicht vor“, erläutert ein Rathaussprecher.

Felix Kreißel, der für die Bad-Pläne federführend zuständige Vertreter des Bürgervereins, kennt die Argumentation zur Genüge. „Es werden immer nur Probleme aufgezeigt und Nacharbeiten von uns gefordert, aber keine Lösungswege diskutiert“, schildert er seine Sicht der Dinge. „So vergeht Monat um Monat, ohne dass wir voran kommen.“

Ähnlich sieht es Stadtrat Dietmar Berger (Linke). „So kann man mit dem Verein nicht umgehen“, sagt er. Es sei nichts Außergewöhnliches, dass Konzepte unterschiedlich bewertet würden. Dass beispielsweise ein Verein, der vieles über ehrenamtliche Arbeit, Spenden und Sponsoring abdecken kann, in seinen Konzepten mit geringeren Kosten rechne als die Stadt, sei seiner Meinung nach nachvollziehbar. „Und selbst, wenn sich der Verein verkalkulieren sollte: Das wäre dann sein Problem, nicht das der Stadt“, so Berger.

Als einer der Hauptknackpunkte gelten Fragen der Wasserzuführung, der Abwasserableitung und des Hochwasserschutzes. Um unter anderem diese Themen in den Griff zu bekommen, haben sich in dieser Woche Mitarbeiterinnen eines mit dem Umbau von Bädern in der Region erfahrenen Ingenieurbüros in Erfenschlag vor Ort umgesehen. Den Termin hatte Grünen-Stadtrat Bernhard Herrmann vermittelt. „Unser Ziel ist es, möglichst kostengünstig zu erreichen, dass wir über mehrere Jahre hinweg alle einschlägigen Normen einhalten“, erläutert Felix Kreißel. Die Ergebnisse des Termins sollen nun zu Papier gebracht und der Stadtverwaltung vorgelegt werden. „Wir hoffen, dass wir dann endlich in fundierte Gespräche mit der Stadt kommen“, so Kreißel. Was ihn zumindest ein klein wenig optimistisch stimmt: Seitdem Stadtkämmerer Sven Schulze sich für den erkrankten Bürgermeister Philipp Rochold um das Thema kümmere, sei in die Diskussion wenigstens wieder etwas Bewegung gekommen.

 

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